Schenken sowie Backen haben nicht nur etwas mit dem Konsumterror des 20. Jahrhunderts zu tun, sondern lassen sich auf die Opfergaben der Hirten und Könige zurückverfolgen: Sie waren die ersten Gabenbringer und legten Wolle, Myrrhe und Gold an die Krippe. Später, im Mittelalter, war es an den Lehensleuten, ihre Herrschaft zu beschenken und im Gegenzug dafür Essen zu bekommen. Erst gegen 1400 beanspruchten auch die Bediensteten ein Weihnachtsgeschenk zum Lohn. Die Sitte, Kinder zu beschenken, entwickelte sich im 16. Jahrhundert.
Gegen den weihnachtlichen Konsumterror, der schon das 19. Jahrhundert fest umklammert hatte, kritisierte die Berlinerin Rahel Levin, Inhaberin eines literarischen Salons. Sie schrieb an ihren Mann, dass Heiligabend ihr den Rest gegeben habe und: „Ich sah niemanden, den ich liebte, schenkte für viel Geld und bekam auch so manches, aber nichts, was mir lieb wäre. Dieses Fest gewöhne ich mir ab.“ *
Jes
Ich bin jemand, der lieber schenkt als beschenkt wird. (Was nicht heißen soll, dass man mir nichts schenken darf. Immer her mit den Geschenken!) Das passende Geschenk für eine Person zu finden, ist in meinen Augen eine Geste, die aussagt, ich habe an dich gedacht und ich habe dir zugehört. Ideen sammle ich deshalb das ganze Jahr über, und es ist auch gar nicht so ungewöhnlich, dass ich im August etwas kaufe, um es im Dezember zu verschenken. (Andererseits kann es auch passieren, dass ich mir einen Vorwand ausdenke, es schon früher zu schenken, weil ich die Reaktion nicht abwarten kann.) Ich liebe es übrigens auch, Geschenke einzupacken, deshalb würde ich das niemals der Verkäuferin im Laden überlassen. Am allerliebsten würde ich nur Selbstgemachtes verschenken, denn damit drückt man noch viel stärker aus, dass einem jemand viel bedeutet. Als Teenager habe ich für meine Eltern jedes Jahr ein Weihnachtsmärchen geschrieben. Das sparte das wertvolle Taschengeld, war aber eben auch ein sehr persönliches Geschenk. Heute reicht die Zeit nur noch für selbstgebastelte Karten, dieser Tradition allerdings bleibe ich treu.
Jelena
Ich gehöre – so wie Jes – auch zu der Sorte Mensch, die lieber verschenkt als beschenkt wird. Geschenke entgegenzunehmen macht mir natürlich auch Spaß, wobei es etwas sein sollte, was ich wirklich will oder brauche. Im Freundeskreis und in der Familie handhaben wir es so seit Jahren. So sehe ich es auch mit dem Verschenken: ich will nur Dinge verschenken, die Personen wirklich brauchen (dafür frage ich mich ab Herbst durch): Autobahnvignetten, Gutscheine, exquisite Lebensmittel usw. Und wenn jemand will, dass ich sie überrasche, dann mache ich das – in einem sicheren Rahmen. Seit ein paar Jahren wünsche ich mir (oder verschenke) Ereignisse und keine materiellen Dinge (falls das für wen eine Rolle spielt). Das funktioniert ganz gut, es führt dazu, dass ich zu eben diesem besonderen Anlass mehr Zeit mit den beschenkten Personen verbringe (oder sie mit mir). Wichtig ist doch nur, dass man aufeinander zugeht und sich was dabei denkt. Wobei das eigentlich gar nichts mit Weihnachten zu tun hat, sondern eine Einstellung das ganze Jahr hindurch ist.
Lena
Schenken und Beschenktwerden ist schon was Schönes. Aber nur dann, wenn das Geschenk tatsächlich eine Lücke füllt – wenn es zwar sinnlos ist, aber trotzdem Freude bereitet, weil es wie die Faust aufs Auge zum Beschenkten passt, oder wenn es tatsächlich, z. B. im Haushalt, gebraucht wird. Letzteres wird ab einem bestimmten Alter hinfällig und Ersteres ab dem xten Geschenk an denselben Menschen auch immer schwerer. Ich finde also, man sollte nur schenken, wenn man wirklich eine gute Idee hat. Alles andere ist leerer Konsum und hilft in den meisten Fällen nur unmenschlichen Konzernen. Und dann möchte ich mir wie beim Plätzchenbacken bitte nicht von beliebigen Daten vorschreiben lassen, wann ich anderen etwas Gutes zu tun habe. Ich bereichere gerne durch Kleinigkeiten die Leben derer, die ich mag, aber bitte nicht durch Zwang. Ich schenke also nur selten und wenig. Genauso wenig möchte ich ein Geschenk erhalten, nur weil es sich so gehört. Überraschungsgeschenke sind mir also die liebsten. Dass außerdem gerade Weihnachten eine solche Konsumschlacht hervorgerufen hat, sollte Jesus nun wirklich dazu bringen, sich im Grabe umzudrehen. Ach so, Moment …
k4tze
Ich schenke gerne, allerdings ohne terminliche Vorgaben. Dann, wenn ich etwas für Person X sehe, oder mir danach ist. Und wer weiß, ob Person X in einem Jahr noch Freude an Y hat oder Y noch aktuell ist – vor allem, wenn es sich um sinnvolle Dinge handelt. Kleinigkeiten gibt es bei mir das ganze Jahr hindurch, wie Mitbringsel aus fernen Ländern oder eben Gelegenheiten. Trotzdem sind die Weihnachtsgeschenke bereits gekauft und wie Jes überlege ich mir schon unter dem Jahr, was zu Weihnachten (oder generell) geschenkt werden könnte und notiere mir Ideen. Und ich kann auch Lena zustimmen, dass es bei manchen Personen immer schwieriger wird, etwas zu finden, was diese noch nicht haben. Manche verschenken, wie Jelena, Zeit oder Dinge, die im Haushalt und dem täglichen Leben gebraucht werden können. Ich versuche, mich nach wie vor auf Kleinigkeiten zu verlassen. Eine Seife mit hübscher Dose oder ein kreativer Bilderrahmen, Tee, Bücher und so weiter. Ich bin auch dankbar, wenn entsprechende Personen sich irgendwo eine Wunschliste anlegen, was das Schenken vereinfacht. Es ist, wie ich finde, eine nette Geste und muss nicht zwangsläufig in billigem Konsum ausarten.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch sehr, sehr gerne Geschenke erhalte. Wirklich. Weihnachten ist für mich ein reines Geschenke-Fest. Schon als Kind ging es nur darum, Geschenke auszupacken. Gebetet wurde bei uns nie, gesungen selten (dafür aber gebacken), und dass mein Vater das Christkind war, hatte ich spätestens mit 3 oder 4 überrissen, weil immer nur er es gesehen hatte. Ich schenke gerne, aber ich liebe es auch, beschenkt zu werden. Ob die Dinge, die sich immer wieder auf meiner Amazon-Liste sinnvoll sind oder bloße Anhäufung irgendwelcher Sinnlosigkeiten, darüber lässt sich streiten – aber die Liste existiert, und über Geschenke freue ich mich immer.
* Informationen aus: Marianne Bernhard: Altes Brauchtum. Von Lichtmeß bis Dreikönig, München 1985.