Null Grad
Klar, kaum einer mag Minusgrade. Aber wenn man nicht gerade regelmäßig mehr als zehn Minuten auf öffentliche Verkehrsmittel warten muss und es windstill ist, lässt sich das schon aushalten. Ich besitze Thermostrumpfhosen. Eine ganz andere Einstellung zu Minusgraden bekommt man aber, wenn man in einem 500 Jahre alten Haus wohnt, dessen Heizungen im eigenen Stockwerk bestenfalls zur Hälfte warm werden. Die Diele, die unsere Zimmer trennt, ist gar nicht beheizt, daher vermutlich nicht wärmer als 5 Grad. Im Bad könnten es sogar 10 sein. Vorm PC sitze ich in mehrere Pullover gehüllt und friere immer noch. Vor allem an Füßen und Händen lässt sich nicht viel ausrichten. Soll ich mit Handschuhen tippen? Zum Glück hat einst der klügste Mensch der Welt die Wärmflasche erfunden. Aber das ist jetzt eben so, kann man nichts machen. Der Preis für die Zukunft. So lernt man immerhin, den Luxus von null Grad und funktionierenden Heizungen zu schätzen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir sind alle viel zu verwöhnt. Und jetzt geht alle mal eure Heizungen umarmen.
Barns Courtney
Geht doch. Die Suche nach meiner neuen Lieblingsband ging nach letzter Woche weiter und Spotifys Overdrive-Playlist landete gleich mit dem ersten Titel einen Volltreffer. Fast das gesamte Album von Barns Courtney ist ein Volltreffer. Das ist schon eine Seltenheit. Ich glaube, das gelingt dadurch, dass verschiedene Genres angedeutet werden: von Folk über Dance über die Indie-Hymne über Funk über die Ballade bis zu Punk. Es wird hier nie langweilig und trotzdem wirkt es wie aus einem Guss. Hut ab. Zwar habe ich hier sicherlich keinen Seelenverwandten gefunden, aber gute Busmusik für die nächsten zwei bis drei Wochen. Ich höre neue Lieblingsmusik immer erst mal bis zum Erbrechen. Und danach dann oft nie wieder.
Barns Courtney
Filmdetails
Das tolle Worldbuilding in Black Panther, das Tradition und Futurismus aufregend vereint („Afrika“ als „redemptive counter-mythology“), wenn auch nicht immer ganz logisch. Vor allem die Kostüme der Frauen sind wahre Kunststücke. (Daneben ist es halt ein MCU-Film. Alle Figuren sind gut angelegt, aber absolut uninteressant ausgemalt, besonders der Held.)
Aber die wahren, realen Helden sind ja die, die trotz aller Widrigkeiten die richtigen Entscheidungen treffen. Hat mir The Post gezeigt. Ein spannender, äußerst befriedigender Film, vielleicht ein wenig zu befriedigend. Nebenbei: Wie konnten Journalisten damals in diesen Newsrooms unter Schreibmaschinengeklapper, klingelnden Telefonen und rumschreienden Leuten nur einen Satz aufs Papier bringen?
Tatum O’Neal. Wenn Blicke töten könnten. Schade, dass man nach dem pragmatisch herzerweichenden Paper Moon nichts mehr von ihr gehört hat.
Xavier Dolans Juste la fin du monde ist nicht Mommy, zeigt aber trotzdem sein Talent für impressionistische Weltdarstellung und dafür, die blödesten Popsongs in emotionale Erfahrungen zu verwandeln. Ich spürte ein komplexes, entfremdetes Zuneigungsgeflecht unter den hochkochenden Emotionen. Außerdem: Marion Cotillard.
Kino
Ich traue mich gar nicht, es laut zu sagen, aber momentan kann ich beinahe jeden Film im Kino sehen, den ich sehen will. Ich schaue keine synchronisierten Filme und obwohl die nächste Großstadt immerhin vier Kinos hat, flukturiert das OV-Angebot von Saison zu Saison sehr. Warum auch immer. Jedenfalls war ich in KW 09 schon elfmal im Kino und obwohl mich das euphorisch stimmen sollte, habe ich lediglich das Gefühl, wieder bei meiner Betriebstemperatur angelangt zu sein. Das ist der Normalzustand, alles andere ist nicht artgerecht. Aber das Kino selbst wird nie seine magische Wohligkeit verlieren (sofern die Gegebenheiten annehmbar sind): für zwei Stunden in einer dunklen Höhle das eigene Leben hintenanstellen, sich stattdessen die Probleme anderer Leute aufhalsen, Augen und Hirn in ein gefahrloses Abenteuer schicken, die Welt sehen und verstehen, sich andere Augen leihen, staunen, Gehirnzellen entstauben, Türen öffnen lassen und meist mehr fühlen als den Rest der Woche zusammengenommen. Selbst mittelmäßige Filme sind den Trip wert. Aber puh, geht das ins Geld. Da muss ich echt mal schauen, ob das so weitergehen kann. (Im Foto fehlt der aktuelle Ozon, weil dem Kino an dem Abend die Karten ausgegangen waren. Hat man so was schon mal erlebt?)