London
Mein dritter London-Trip war eindeutig mein schönster und erhellendster. Ohne den Sehenswürdigkeiten hinterherzuhetzen und nur die großen Straßen zu besuchen, habe ich London, glaube ich, zum ersten Mal wirklich verstanden: die vielfältigen schönen Ecken, die Museen, die Pubs, die Märkte und nur dazwischen eben so ein Big Ben (der diesmal lustiger- und bezeichnenderweise von Gerüsten eingepackt war und nur sein Zifferblatt zeigte). London ist schon eine tolle Stadt der tausend Eindrücke, besonders für Liebhaber britischer Architektur und Lebensweisen, aber man darf sie auch nicht verklären. Wie so viele habe ich immer davon geträumt, einige Monate dort zu leben, aber die Menschenmassen, unberechenbaren Autofahrer, stickigen U-Bahnen sind selbst nach Eingewöhnung doch ein solcher Stressfaktor, dass er nicht von den positiven Seiten aufgewogen werden kann. London hat ja kaum Fußgängerzonen! Das muss man sich mal vorstellen. So hat mich das London 2018 von einer Sehnsucht geheilt, mir aber auch eine neue beschert: Ich brauche es nicht länger am Stück, aber doch sehr regelmäßig in kleinen Dosen, besonders …
Londons Theater
Wie ich geahnt hatte: Ja, das Londoner Theater und ich, wir gehören zusammen. Endlich Shakespeare dort zu erleben, wo man sich am besten mit ihm auskennt, das hat schon einen Knoten in mir gelöst.
Obwohl Rufus Norris‘ Macbeth bei den Kritikern heillos durchfiel, fand ich seine postapokalyptische Interpretation hervorragend. Diese zukunftslose Welt, die durch endlose Kriege aus den Fugen geraten ist und in der sich die zivilisatorische Ordnung selbst ausgelöscht zu haben scheint, legt ja erst eine zügellose Gewalt nahe und bekräftigt so gut Macbeths Streben nach Sicherheit und eben einer Zukunft. Die Stimmung ist bedrückend, die Szenenwechsel sind elegant, die teilweise von zwei Bläsern am Rande gespielte Musik ist subtil melancholisch. Und Rory Kinnears typisch sanfter, trauriger Kern unter plumper Schale erschafft einen überzeugenden, verzweifelten, exakt intonierenden Königsmörder, der nicht weiß, wie er sich sonst retten soll, auch wenn es ihn zerstört. Nur die seltsamen roten Anzüge der Könige irritieren etwas zwischen ansonsten modernen, zerlumpten Uniformen und Ruinen. Trotzdem war es ein wunderbarer Macbeth-Bühnen-Einstieg für mich.
Und Sam Mendes bewies ein weiteres Mal, dass er einfach ein verlässliches Zugpferd ist. Seine Inszenierung von Jez Butterworths The Ferryman ist ein trotz dreistündiger Laufzeit kompaktes, fesselndes familiäres Geflecht über die Untrennbarkeit von politischem Aktivismus und Privatem im ländlichen Nordirland der 80er. Wie das Verdrängte und Unausgesprochene zum Schluss auf tragische Weise eruptiert hat mich tief getroffen, auch wenn ich das Stück vorher überflogen hatte und wir am obersten Ende des Theaters saßen und die Bühne für uns wie ein verzerrtes Puppenhaus aussah. Siehe da: Auch moderne Stücke können was.
Jelena
Schon verrückt mit diesem Internet: Jelena (rechts im Bild) und ich kennen uns online bereits einige Jahre, haben schon gechattet und dieses Blog zusammen aufgebaut, aber uns nie persönlich getroffen – bis wir uns spontan entschieden, zusammen in London ins Theater zu gehen und einen Trip daraus zu machen. Es ist schon etwas anderes, Theater und Museen mit einer ebenso kulturbegeisterten Person zu teilen statt die Begleitung nur hinter sich herschleifen zu müssen. Wir waren tatsächlich sofort kompatibel und kreierten zusammen einen entspannten, perfekten kleinen Städtetrip. Vielen Dank für die drei sehr schönen, lauf- und gesprächsintensiven Tage, Jelena. Gerne wieder!
Jelena
Schon verrückt mit diesem Internet: Jelena (rechts im Bild) und ich kennen uns online bereits einige Jahre, haben schon gechattet und dieses Blog zusammen aufgebaut, aber uns nie persönlich getroffen – bis wir uns spontan entschieden, zusammen in London ins Theater zu gehen und einen Trip daraus zu machen. Es ist schon etwas anderes, Theater und Museen mit einer ebenso kulturbegeisterten Person zu teilen statt die Begleitung nur hinter sich herschleifen zu müssen. Wir waren tatsächlich sofort kompatibel und kreierten zusammen einen entspannten, perfekten kleinen Städtetrip. Vielen Dank für die drei sehr schönen, lauf- und gesprächsintensiven Tage, Jelena. Gerne wieder!
Souvenirs
Da reist man ein Mal mit den Geld in der Tasche ins persönliche Style-Paradies, prompt verstecken die Läden schnell alle schönen Klamotten. Ich wollte wirklich ordentlich shoppen, musste aber feststellen, dass Deutschland mittlerweile die britische Mode eingeholt hat und man die meisten Trends auch hierzulande en masse findet. Und Secondhand-Läden lagen nicht auf unseren Routen. Immerhin fand ich auf dem Camden Market am letzten Tag noch zwei schöne Satchels. Die Secondhand-Buchszene enttäuschte indes nicht. Aber mein Highlight war natürlich der Shakespeare-Merch. Die Macbeth-Artikel im National-Theatre-Shop waren so herrlich selbstironisch. Es gab auch Flüssighandseife. Und diese schöne Timeline aus dem Globe-Shop ist doch perfekt fürs stille Örtchen zum Auswendiglernen. Dass man in der Tate Britain keine Drucke mehr vor Ort kaufen kann, hat mich aber zutiefst enttäuscht!
2 comments
Hach, London. Ich hatte die Freude des Besuchs vor einigen Jahren, und ich weiß noch, wie überrascht ich war, wie mühelos die Stadt (zumindest ihr zentralster Teil) es schafft, fast schon kleinstädtisch zu wirken. Der Teil ums London Eye, Big Ben Tower, Globe Theater bis zum Tower ist mit etwas Laufarbeit gut erreichbar und wirkte auf mich so in sich abgeschlossen, eben wie eine kleine Stadt in der Stadt.
Ich fand London toll, trotz ihrer Betriebsamkeit und dem ständigen Schmutz (bei Wind hatte man immer sofort was im Auge) will ich da unbedingt noch mal hin.
Na ja, kleinstädtisch würde ich es nun nicht nennen, dafür ist alles einfach zu groß. Aber ich war auch überrascht, wie viel man in der Innenstadt locker erlaufen kann.
Ich habe mich jedenfalls so sehr ins Londoner Theater verliebt, dass ich gerne einen jährlichen Trip daraus machen würde. Und eine Begleitung ist natürlich immer willkommen. 😉