Lady Bird
Ich erwartete von Greta Gerwig, die mir in ihrem Schauspiel zu quirky ist, nicht viel, und was dem Genre „Coming of Age“ zugeschrieben wird, finde ich auch oft schwierig, aber dieser Film zeigt wirklich mit großer Sensibilität, was passiert, wenn zwei charakterstarke Menschen, die nicht aus ihrer Haut können, in ein Mutter-Tochter-Verhältnis geworfen werden und das auch noch unter finanzieller Anspannung. Auch durch die beiden fabulösen Darstellerinnen war es so leicht, beide scheinbar konträren Perspektiven einzunehmen und nachzuvollziehen, auch wenn genretypisch ein wenig übertrieben wird und Szenen wie Puzzleteile ohne Partner in den Raum geworfen werden. Ich war nicht nur einmal nah am Wasser im Kinosaal, weil es immer wehtut, sich ertappt zu fühlen.
The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover
Wie kann ein Film nur so ekelhaft, schön, wütend, zärtlich, opulent und feinsinnig zugleich sein? Da wird Scheiße gefressen und ein paar Szenen weiter erklingt das schönste musikalische Liebesthema der Filmgeschichte. Der Film funktioniert als politische, religiöse, ästhetische Metapher oder schlicht als sinnliche Erfahrung. Eine konkrete Wut (über Margaret Thatcher und Anhang) derart malerisch und elaboriert zu kanalisieren ist schon eine Meisterschaft. In keinem anderen Film kommt Greenaways manchmal etwas zügellose Virtuosität so auf den Punkt. Und Helen Mirren ist sowohl nackt als auch in Gaultiers Vogelkäfig-Kostümen atemberaubend. Ihr Racheakt ist einer der wenigen legitim befriedigenden in der Filmgeschichte und schließt wunderbar den Kreis.
The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover
Man kann es mir aber auch nicht recht machen
Immer ist irgendwas. Habe ich endlich meinen Lieblingskomponisten live gesehen, verliere ich gleich den Sinn des Lebens. Habe ich mir den Traum erfüllt, Shakespeare auf einer Londoner Bühne zu sehen, stürze ich in Verzweiflung, weil ich das nicht monatlich haben kann und damit nicht früher angefangen und so vielleicht die besten Inszenierungen unwiderruflich verpasst habe. Was ist das nur mit mir, dass ich nicht zufrieden sein kann? Ich finde das eine unmögliche Eigenschaft, aber ich weiß auch nicht, wo der Schalter ist, den ich umstellen kann, um mich dankbarer zu machen. Ein Lichtblick ist das nicht gerade, lediglich eine Beobachtung.
Die neue Leidenschaft
Nun gut, dann muss eben das deutsche Theater herhalten. Mein Studium endet bald und ich habe ziemlich klare Vorstellungen, was wann wie danach kommen soll. Das alles ist momentan aber noch komplett in der Schwebe und dieser Umstand stresst mich ungeheuer. Hätte ich nicht plötzlich das Theater für mich wiederentdeckt und damit einen neuen aufregenden Ort, an den ich ständig flüchten kann, ich weiß nicht, wie ich über die nächsten Monate kommen sollte ohne in ein depressives Loch nach dem anderen zu fallen. Man sieht daran aber auch gut, wie impulsiv ich sein kann und zu Übertreibungen neige: Meine Theaterkarten von Anfang Mai bis Anfang Juli summieren sich mittlerweile auf neun an der Zahl. So oft war ich in den letzten zehn Jahren in keinem Schauspielhaus. Aber es lenkt mich ab und gibt mir Energie, hoffentlich auch für die Bachelorarbeit, die mir mittlerweile ebenfalls ungeheuer auf den Senkel geht.
Die neue Leidenschaft
Das Ersatz-Kate-Winslet-Kleid
Der Trend geht mal wieder seltsame Wege. Plötzlich hängen überall eigentlich altbackene, schlichte Kleider mit Blumenmuster in Midi-Länge mit V-Ausschnitt zum Knöpfen oder Binden. Solche Kleider assoziiere ich automatisch mit Kate Winslets 50er-Jahre-Rollen und finde sie daher natürlich großartig und sogar sehr sinnlich – wären sie nur aus Baumwolle statt ekligem Polyester oder anderen glatten Stoffen. Ich hoffe, ich finde diesen Sommer noch ein, zwei aus behaglicherem Material, weil ich besonders auch die Länge sehr angenehm finde. Bis dahin muss dieses nette gestreifte Blusenkleid herhalten (das da jetzt etwas lustlos an der Tür hängt, aber ach, wie fotografiert man nur Klamotten?). Geht.
4 comments
Die neue Midi-Länge finde ich auch wunderschön und habe zudem das Glück, noch einige der Midi-Röcke meiner Mutter aus den 70ern im Schrank hängen zu haben. Trotzdem habe ich immer die Befürchtung, dass sie mich kleinen Menschen optisch noch mehr zusammenstauchen, weshalb ich mich oft dann doch nicht so recht traue. Aber Polyester ist wirklich ein Alptraum und absolut widersinnig im Sommer. Nichts geht über Baumwolle, Viskose oder sogar Leinen.
Ich glaube, für mich ist die Länge auch nicht unbedingt vorteilhaft, aber das ist mir (wie auch bei Culottes) wirklich egal, wenn ich mich trotzdem so wohl fühle. Ich muss mich ja nicht anschauen. 😀 Am besten sieht Midi-Länge sowieso mit Absätzen aus, finde ich. Ich hoffe jedenfalls, du lässt dich davon nicht gänzlich abschrecken. Original-70er-Kleider sind ja ein Traum!
Zum Thema: Wie fotografiert man Klamotten, ohne selbst drinzustecken oder ein Modell zu verpflichten?, kann ich Schneiderpuppen nur empfehlen. Ich hab das verstellbare Arbeitsmodell, das ist nicht sehr hübsch, aber nützlich.
Aber es gibt auf Flohmärkten und in Dekoläden auch sehr dekorative Teile, voll vintage und romantisch und so …
Eignen sich auch super als Ablage für alles, das man nur mal schnell ablegen wollte, und das dann doch wieder wochenlang liegen bleibt. Ich *hust* weiß, wovon ich rede …
Schneiderpuppe ist ein gutes Stichwort. Irgendwann möchte ich mal in großem Stil mit dem Nähen anfangen, da kann so ein Teil nicht schaden. Wobei ich auch einfach selbst schnell reinschlüpfen könnte, wäre in unseren Räumen Platz zum Fotografieren. Na ja, in der nächsten Wohnung dann hoffentlich …