Wie Jes bereits an ihrem Bullet Journal zeigte: Dieser selbst gemalte Kalender kann alles sein, was man im Alltag braucht und möchte. Ich entdeckte das Format erst letztes Jahr, ließ mich aber (wie wahrscheinlich viele andere) erst mal vom elaborierten Design der Vorzeige-BuJo-Community abschrecken. Ich finde Handlettering und Blumenranken ja ganz hübsch, habe aber weder Geduld noch Talent für so was. Glücklicherweise ist die Grundidee des BuJos aber eigentlich eine eher minimalistische. Im Prinzip ist es ein individualisierter Kalender und eine bessere To-do-Liste. Alle Zusatzelemente sind Privatvergnügen.
Und genau so verwende ich mein BuJo auch: als bessere To-do-Liste. Der Kalenderteil besteht bei mir aus einer Seite pro Woche, auf der ich Termine und Aufgaben notiere und abhake – ganz schnöde als Liste untereinander. Ich halte keine Erlebnisse oder Gedanken fest. Ich organisiere so nur mein Leben ein bisschen besser. Dafür würde auch ein Kalender mit Wochenübersicht genügen, aber es ist schon sehr praktisch, dazwischen auch noch allerlei andere Listen und Notizen unterbringen zu können. Ich führe Listen mit Blog-Themen, zu meiner Bachelorarbeit, meinen Ausgaben und Wünschen. Außerdem tracke ich meine Stimmung pro Tag und Woche, wobei ich dafür auch eine App habe, aber es auf Papier eintragen zu müssen, macht es einem noch ein wenig bewusster. Das ist alles nicht weiter aufsehenerregend oder ein Foto wert.
Was ich allerdings im BuJo sehr aufwendig dokumentiere ist mein Medienkonsum:
Mein Fortschritt bei Serien und Büchern wird in Balken dargestellt, was mir bei Serien tatsächlich hilft, den Überblick zu behalten, bei welcher Folge ich stehen geblieben bin und was ich überhaupt alles gesehen (und abgebrochen!) habe. Bei Büchern ist es nett, aber nicht allzu hilfreich, muss ich zugeben. Ich führe Listen zu Filmen, die ich sehen will und habe mir einen Kinokalender erstellt, der leider aufgrund unzuverlässiger Verleih-Angaben zu Startterminen längst nicht mehr aktuell ist. Einige Wochen lang habe ich sogar getrackt, wie viele Filme und Serienfolgen ich pro Woche gesehen und wie viele Seiten ich gelesen habe. Das Mitzählen besonders der Buchseiten ist mir aber mittlerweile zu blöd geworden (gerade auch bei E-Books ohne Seitenangaben).
In meinem Habit- und Mood-Tracker vermerke ich auch, welche Medien ich an dem Tag konsumiert habe. Die hübschesten Seiten in meinem BuJo sind aber sicherlich meine Dokumentationen der gesehenen Filme, in denen ich unterschiedliche Infos (z. B. die Sprache) farblich markiere und die Ausgaben, die Länge und das Erscheinungsjahr als Grafen zeichne. Das gibt mir tatsächlich einen schnellen Überblick darüber, wie viele Animationsfilme beispielsweise ich gesehen habe, wie viele Filme ich mochte und dass ich zu wenige Kritiken schreibe.
Aber muss das alles sein, werdet ihr fragen. Es gibt doch Letterboxd und Goodreads und wie sie alle heißen. Nein, es muss nicht sein. Manche Aufzeichnungen habe ich nach einigen Monaten bereits wieder aufgegeben, weil sie mir für den geringen Nutzen zu nervig wurden. Anderes kann aber durchaus ein Ansporn sein. So habe ich mir Anfang des Jahres vorgenommen, pro Woche je einen Animationsfilm, einen Wiedersehensfreudefilm und einen Watchlistfilm zu schauen und trage mir das tatsächlich als To-do wöchentlich ein. Kann ich es einmal nicht erfüllen, muss ich die kommende Woche mehr schauen. Das funktioniert. Auch die bunte Filmliste bringt mich immer wieder dazu, nach einer zu langen Reihe englischsprachiger Filme auch mal wieder einen Film in anderer Sprache zu schauen. Zu sehen, dass ich eine Woche lang jeden Tag ein paar Seiten gelesen habe, macht mich stolz. Und das haptische Gefühl meines weichen gelben Rhodia Goalbooks ist einer Excel-Liste schon deutlich überlegen.
2 comments
Die Frage nach dem Wieso muss man Nicht-Bullet-Journalern tatsächlich immer wieder beantworten. Das „papierlose Büro“ ist zwar schön (und im Berufsleben setze ich es sogar weitgehend um), aber wo bleiben da die haptischen Erinnerungen? Ich jedenfalls möchte nicht darauf verzichten, in ein paar Jahren durch meine Kalender zu blättern und allein schon an meiner Handschrift zu sehen, wie es mir zu der Zeit ging …
So wie ich mein Bullet Journal momentan benutze, glaube ich nicht, dass ich in den kommenden Jahren noch oft reinschaue. Aber mit Papier und Stift geht man eben viel bewusster um, weil man nicht einfach löschen kann. Und sich Dinge im Alltag wieder bewusster zu machen, finde ich eine der schönsten Funktionen des BuJos.